Taubenblauer Untergrund. Titel ist: Herr von Papen lebt. Untertitel: Politiker ohne Eier.

Herr von Papen lebt

Oder: Eier! Wir brauchen Eier!

Heute Morgen las ich die Meldung, dass bereits am 25. November letzten Jahres ein Treffen in einem Landhotel nahe Potsdam stattfand, in dem von einem österreichischen Identitären (Namen nennen ist mir zuwider) das Konzept von ‚Remigration‘ vorgestellt wurde. Anwesende Zuhörer sind die üblichen Verdächtigen (Ihr wisst schon: Namen …). Schon zu Beginn denke ich: Moment! Potsdam? Landhaus? Remigration? Wannsee? Landhaus? Madagaskar ist gescheitert, also …

Ja, genau, das denke ich. Nach ein wenig Recherche, stelle ich fest, dass ich nicht alleine bin mit dieser Analogie. Dann stelle ich mir vor, dass Menschen im laufenden Politikbetrieb, als Verfassungselemente, dass Gerichte, als Verfassungsorgane, die den Kontext kennen (müssten), schnell vom Frühstückstisch aufstehen, um diesem Staat einen Mantel gegen die drohende Kälte anzuziehen. Denn es eilt. Und die Kältewelle ist keine Möglichkeit unter sehr vielen, sie ist eine Möglichkeit unter nur noch wenigen, mit täglich steigender Wahrscheinlichkeit. Bin mir nicht sicher, ob die Wahrscheinlichkeit noch linear steigt oder schon exponentiell. Aber ich erzähle Euch mal eine Geschichte.

Es war einmal …

… im Jahr 1974. Ich lernte einen Jungen kennen, zwei Jahre älter als ich, von dem ich nur wusste, dass niemand mit ihm spielen wollte, denn sein Vater war der Gewalt nicht abgeneigt, es gab einen gruseligen Schäferhund und allgemein wurde der Junge Prahlhans genannt. Na, ich hatte damals wenig Freunde, weil frisch zugezogen. Er war schon auf der Hauptschule, ich auf der Grundschule. Auf dem Nachhauseweg verabredeten wir einen nachmittäglichen Besuch seinerseits bei uns. Als es klingelte, öffnete meine Mama. Sie sieht den Hund und freut sich, denn sie mag Tiere. Die Begrüßung folgt. Schon sitzen wir am Tisch, der Hund neben uns, die Waffeln kommen. Meine Mama, freundlich und offen, fragt dies und das. Der Junge beginnt zu prahlen. Ne Bande in Bremen, 1.000 Mann, reich, viele scharfe Schäferhunde, er sei stärker als der Hund neben ihm und haut ihm eine runter. Der winselt und legt sich auf den Boden. Er tritt ihm in die Flanke. Ich weiß gar nicht, was geschieht. Meine Mama wirft ihn samt Hund raus und geht mit mir am nächsten Tag zu dem Vater und scheißt ihn zusammen, was den Kerl aber nicht interessiert. Er rennt nur aggressiv von Wohnungstür zur Haustür, wieder zurück, brüllt, schlägt die Tür zu. Meine Mama und ich gehen heim. Sie verbietet mir in jedem Fall und unter allen Umständen den Umgang mit diesem Jungen. Sie weiß, dass keine Polizei was macht und ein Jugendamt schon mal gar nicht, denn wir haben 1974. Sie erklärt mir, dass der Junge schon viel von dem angenommen hat, was er annehmen musste, um überleben zu können, aber sie sagt mir auch, dass sie mich und ich mich schützen müsse. Das Verbot wird also amtlich ausgesprochen und auch kontrolliert (Nachbarschaftsfunk). Sie hat eine unsichtbare, rote Linie vor meinen Weg gezogen, über den ich nicht drübertreten kann. Ich weiß jetzt, was in dieser Hinsicht falsch und was richtig ist. Nennt man auch Pädagogik (damals noch in den Kinderschuhen) oder: gesunder Menschenverstand.

Wo sind die Eier

Die Rhetorik der AfD – und da nenne ich bewusst die Partei und nicht einzelne Personen – ist wie die Rhetorik des Vaters, die sich alsbald auf die Rhetorik der Wähler:innen (des Sohnes, wenn sie nicht schon vorhanden war) auswirkt, und Freiräume ermöglicht. Grenzübertretungen ermöglicht. Aber nicht erlaubt. Das Erlauben dieser Grenzübertretungen kommt vom Rest der Gesellschaft, von uns, von SPD, CDU, CSU, FDP und auch Grüne oder Linke. Wir handeln nicht nach den einfachsten Grundregeln der Pädagogik. Keine normalen Eltern aus diesen Parteien, würden ihren Kindern einen Umgang mit gewaltfaszinierten, Gewalt fantasierenden, blond und blauäugig liebende Kamerad:innen erlauben. Sie hätten Angst um ihre Kinder. Warum nur haben sie keine Angst um diesen Staat? Um die Demokratie? Weil ihnen das Hemd näher ist als die Hose? Weil sie sich nicht vorstellen können, was passieren wird? Weil sie keine Angst haben vor 70% der demokratischen Wähler:innen, sondern nur vor den 30% der AfD-Wähler? Weil sie nicht die Eier in der Hose haben, ein schlecht vorbereitetes NPD-Verbot in ein gut vorbereitetes AfD-Verbot umzuwandeln? Weil sie von irgendwelcher Kohle abhängig sind, die auch von AfD-Begeisterten kommen kann oder kommt? Weil ihre eigene Weltsicht vielleicht gar nicht so weit weg von deren Weltsicht ist? Oder weil sie einfach bis zum Abwinken einfältige Opportunisten sind? Vielleicht werden wir es ja erst am Tag X erfahren. Verfassungsgesetzlich sind wir nicht so gut gegen einen 30. Januar geschützt, als man uns in der Schule immer verkaufen wollte.

Leider, leider

Leider, leider besitzen die AfD wählenden Menschen keinen moralischen Kompass. Jedenfalls funktioniert deren Kompass nur im Egotrip-Modus. Vielleicht funktioniert er auch gar nicht. Ich habe ja schon einige kennengelernt, von denen ich mit Fug und Recht behaupten kann, dass Vorstellungsvermögen, Kognition, Empathie und Bildung eher der Wüste Gobi gleichen als einem für eine gute Demokratie nötigen Mindeststandard. Und leider, leider ist die Masse der Entscheidungsträger in Politik, Staat und Gesellschaft von ihren Eltern ohne so was wie Verantwortungsgefühl im Egoland aufgezogen worden. Das betrifft nicht nur die Demokratiefeinde der AfD, das betrifft auch die Klimakatastrophe oder die Macht des Lobbyismus (siehe Bauernverband und Fleischindustrie). Man könnte sagen: Wir sind am Arsch. Also zumindest die Menschen, die an eine wirkliche Demokratie glauben, an ein wirkliches, soziales Miteinander, an einen kulturellen und gesellschaftlichen Fortschritt des Menschen in dieser Welt. In einem hat die AfD leider recht: Das gegen null gehende Vertrauen in Politik oder Medien, haben Politik und Medien selbst zerstört. Sie haben sich selbst ins Knie geschossen und labern nach wie vor von ‚Wir müssen wieder Vertrauen haben‘. Das ist impertinent. Vertrauen in die Warburg-Bank? In 16 Jahre Unions-Landwirtschaftsminister, die zwei Jahre danach sagen, die Landwirtschaft geht kaputt, obwohl sie es mitverursacht haben? Die AKWs abgeschafft haben, um jetzt die Abschaffung zu beklagen? Sind wir mal ehrlich, Herr Merz, Herr Söder, die Herren Dobrindt, Scheuer, Ramsauer … in diesen Eimer haben sie die Scheiße ebenso reingeschaufelt, wie alle anderen. Und jetzt einen auf unschuldig und gerecht machen. Aber, he, SPD! Das wart ja ihr mit Hartz IV, dem Aufpumpen des Verwaltungswasserkopfes, weg von Agentur, hin zu hunderten von Jobcentern, zu einem Gesetzeswerk, das selbst Quantenphysiker nicht verstehen. Tja, und die AfD sammelt nur die Äpfel vom Boden.

AfD-Verbot jetzt

Aber alles kein Grund, die AfD NICHT zu verbieten, denn rückgratlose, selbstverliebte Neoliberalisten, schweigende SPD-Autisten oder schwarze Schergen, die uns noch 250-Millionen Mautkohle schulden, die bekommen wir irgendwann in den Griff. Eine abgeschaffte Demokratie, ein zusammengestutztes oder gar neu geschriebenes Grundgesetz (trotz Ewigkeitsklauseln), eine kaputte EU, ein Auswandern der humanistisch Gebildeten, das bekommen wir NICHT mehr zurück. Das wird es dann gewesen sein. Scheiß auf die x-Prozent AfD-Wähler. Die Partei muss verboten werden, denn ihr Ziel ist die Abschaffung der Bundesrepublik Deutschland in ihrer jetzigen Form, denn damit geht die EU verloren, das Westbündnis, die Freundschaft zu Israel, damit wird alles Positive seit 1949 in den Reißwolf gezerrt. Und die Bekloppten in Berlin kapieren das nicht.

Ich habe fertig.

Heiko

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