Lyrik 1985

Willkommen im Lyrik-Archiv des Jahres 1985. Hier ist die Übersicht aller Lyrischen Kurzprosa. Alle Texte sind hinter den jeweiligen Ausklappboxen abgelegt. Drunter findet sich noch ein Link zu dem einzelnen Blogbeitrag. Dort steht noch ein kleiner Begleittext, falls es Euch interessiert. Diese Übersicht hier ist zum schnellen Lesen. Die Einzelbeiträge sind fürs Schreiben eines Kommentars. Solange Hass und Häme draußen bleiben, sind sie mir willkommen. Traut Euch. Danke!

Tiefschwarz
Sterbender Herbst
Die kalte Winterhand
schlängelt heran
Ist schon im Rücken
mit eisigem Hauch
Keine Strohfeuer mehr
Kein wärmender
Blick grüner Augen
Einfach weg
Im Kopf noch
Nase Lippen Lachen
Sommersprossen
samtene Haut
Doch ohne Duft
Weder Worte
noch Stille
noch Berührung
Einfach weg

Januar 1985
Kontext

Der Freund
der keiner ist
Konsequenz fordert
für sich und alles
nur nicht für
sein Fühlen
Eiseskälte im
warmen Lächeln
Frostbeulen
nach Umarmung
Darüber hinaus
hat es nur wert
wenn keine Werte
existieren
Darüber hinaus
ist nichts von
Interesse

Februar 1985
Kontext

Keine Liebe
Kein Schmerz
Keine Erwartungen
an irgendetwas
Steht nicht auf
kniet nieder vor Eurem Tod
Empfangt ihn
küsst ihn
er gibt Euch Freiheit
Hört nicht auf das Raunen
hinter Euch
beachtet nicht das Blut
vor Euch
Ihr sollt nicht empfinden
Ihr sollt nicht schreien
Nicht gebären Starke
mit ihren Schwächen
Nicht gebären Schwache
mit ihren Stärken
Sperrt sie ein
Gebt ihnen
keinen Tod

Februar 1985
Kontext

Rote Lichter fliehen
Motor wird leiser
Stille
Straßenlaterne spendiert
flackerndes Licht
in Eiseskälte
Nacht ohne
Anhaltspunkte
Mein Ich
steht neben mir
hält meine Hand
Selbst die
Einsamkeit
fürchtet sich

Februar 1985
Kontext

Eine Ebene
unter diffusem Himmel
Endlos
Bin seit Geburt hier
werde nicht alt
Keinen Hunger
Keinen Durst
Leer
Der Boden
glatt
Die Wände
glatt
Ich ein Teil
des Ganzen
Zufrieden
Weder Erhebungen
noch Risse
Nichts lebt hier
nur ich

Februar 1985
Kontext

Wenn ich nicht
im Sitzen träume
warte ich auf nichts
Die Menschen haben
weder Zeit noch Mut
sich zu kümmern
Um sich selbst
den Regenwald
oder die Zartheit
Sie vegetieren
in den Tag hinein
Dabei besitzt niemand
etwas Wertvolles
Nur Zeit

Februar 1985
Kontext

Ich bin unfähig
mich zu erfassen
Ich begreife nicht
was mich ausmacht
Sitzen und der
Musik hingeben
dem Schreiben
dem Denken
der Pein
Weit abseits
der Realität
Ich lebe in
der Welt nach
dieser Welt
Lebe im Leben
nach diesem Leben
Bin schon ewig dort
wo andere nicht
sterben wollen

Februar 1985
Kontext

Da ist Er
stolz ein Er zu sein
Beobachte ihn
weil Er beobachtet
werden will
Kümmere mich
weil sich jemand
kümmern muss
Erlaube ihm
mich Idiot
zu rufen
Phantasie
wird Realität
Manifestation von
Gedanken
Sinnbild von
Chaos
Und am Ende
Selbstverachtung
Negieren ist das
was bleibt

März 1985
Kontext

Ein Freund nur
nicht mehr nicht weniger
Lange unterwegs
Die bitteren Pillen
des Lebens schlucken
Unter der Brücke gelandet
den Duft der Straße
eingeatmet und die
Kindheit nicht vergessen
Wieder zurück
hat er die Kälte
mitgebracht
Ist sie nicht
losgeworden
In ihr erfroren
Mit der Nadel der Illusion
im Arm ein letztes
Mal gewunken
Der Ewigkeit oder mir
Ich weiß es nicht

März 1985
Kontext

Steife Glieder
Einheitliche Mimik
Eitle Fratzen
Ruhelose Habsucht
Feinster Wortschatz
Geschmirgelte Rhetorik
Doch alles kranke Seelen
voll bitterer Wahrheit
Kalte Wortwärme
Geh näher heran
und du wirst erfrieren und
verdampfen neben
ihren Fassaden aus
schwarzem Licht
Eiszeit
Das ist ihr Ziel
Ich und Ich zum Quadrat
Das Geltungsgesetz mit
Ewigkeitsklausel
Du hingegen bist nichts
Schau in den Spiegel
Nichts zu sehen

März 1985
Kontext

Irgendeiner
kann nicht mehr
Irgendeine
ist tränenlos
Irgendeiner
schämt sich
irgendkeine
interessiert es
Irgendeiner
lacht über dich
um nicht zu
Irgendeinem
zu werden
Irgendeine
hasst dich
Irgendeiner
hasst ihn dafür
Irgendeiner lyncht
irgendeine
Irgend niemand
interessiert es

April 1985
Kontext

Hindernisse
Schranken
Unmengen Feiglinge
Gefühle kennen
die Toten nicht
Genau wie ihr
meine Freunde
Ich bin Konsequenz
für euch Angsthirne
Leere Hüllen
Mehr seid ihr nicht
Einen Palast werde
ich daraus bauen
Angstzement in
den Fugen
Väter unter den
Füßen und
Mütter in
den Ohren
Schluss
muss sein

April 1985
Kontext

Ich denke
also leide ich
Ich denke
also verzweifle ich
Ich denke
also erkenne ich
Um Gnade winseln
wird nicht geschehen
Gleichgültig sein
ist eure Profession
Kaltes Mitleid
grinst mich an
Kapital fließt durch
eure Adern
Gartenzwerge in
Zen-Gärten sind
der letzte Schrei
Verhöhnen durch
Anteilnahme
Ich leide
also bin ich

April 1985
Kontext

So stelle ich mir
einen grauen Tag vor
Es regnet
Die Bäume kahl
Vereinzelt steht einer
der will die Blätter
um keinen Preis hergeben
Armer Idiot
Es zieht mich zum
Licht dort vorne
Mögliche Wärme
aber nur Stimmen
Sonntagmittag im Café
Nur Geschwätz
Ein kleines Kind
Ein Hund
Existenzbeweise
für Glück oder Pech
Draußen wird es kälter

Oktober 1985
Kontext

Schluss mit dem
Einfärben grauer
öder Seelen
Schluss mit der
Produktion neuer
Generationen
wenn die alten
nicht lebendig sind
Lasst und endlich
nüchtern werden
Setzen wir uns in
den Dreck der Welt
Schließlich ist es
unser Dreck
Wir sind ihm
entsprungen
Wir wollen der
Anfang sein nicht
das Ende

Oktober 1985
Kontext

Kommt
Wir ziehen
durch die Straßen
Blutzoll fordern
Moral vernichten
Sonne verdunkeln
mit leuchtenden Fingern
ihre Mäuler öffnen
Schreie aus dem Hals ziehen
Angst verbreiten
Jene vor uns hertreiben
denen alles egal ist
Selbst unser
Leben
Selbst unsere
Kinder
Selbst unsere
Zukunft
Lasst uns das
zusammen
tun

November 1985
Kontext

Tränen auf Raufaser
Wunden auf
makellosem Körper
Pflaster ist alle
Zellen werden Gelee
Wut allenthalben
mit Blindheit geschlagen
entscheide was zu tun ist
und tue es

November 1985
Kontext

Ich kannte einen
der ging durch jede Tür
kümmerte sich nicht
um Verbotsschilder
Er besaß einen Türinstinkt
Sein Leben ist eintönig
dachte ich aber es
interessierte mich nicht
was er hinter den Türen
zu finden hoffte
Gestern jedoch
hat er es gefunden
als er die Tür des
Bauzauns öffnete
und in die Baugrube fiel
Das war es
was er gesucht hatte
Die letzte Tür

November 1985
Kontext

Danke fürs Lesen!

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