Eine kurze lange Reise | Kapitel 6

Karaburun

Es war der neue Flughafen im Norden, direkt an der Küste zum Schwarzen Meer. Von Istanbul kaum was zu sehen während des Anflugs. Tiefe Wolken. Der Wetterbericht auf dem großen Monitor in Gangmitte sagte etwas von Regen und Sturmböen. Hauptsache keine 35 Grad im Ölpalmendschungel und kein Wüstensand. Jetzt sitze ich in einem Taxi, ein alter Mazda, der Fahrer berlinert kräftig, hat fast sechzehn Jahre bei der Berliner S-Bahn gearbeitet und als seine Eltern krank wurden, ist er wieder zurück in die Türkei. Tagsüber Taxifahrer und nachts am Flughafen die Parkhausschranken bedienen. Kranke Eltern kosten eine Menge Geld. Meine Frage nach einem guten Hotel für zwei oder drei Nächte beantwortete er mit dem freudigen Hinweis, dass ein Cousin zweiten Grades in einer kleinen Stadt namens Karaburun, ganz in der Nähe, ein tolles Hotel besäße. Und Gäste, die er mit seinem Taxi als Cousin brächte, bekämen den Familienrabatt. Ich war einverstanden, zog das Handy aus der Innentasche und wählte Friedrichs Nummer.
»Du lebst noch«, ist sein erster Satz.
»Danke der Nachfrage.«
»Was macht mein Roman?«
»Ist so gut wie fertig.«
Kurzes Schweigen. »Was ist das für ein Gedudel im Hintergrund?«
»Türkische Volksmusik aus einem Autoradio.«
»Türkische Volksmusik?«
»Ja, ich sitze in einem Taxi auf dem Weg zum Hotel meiner Wahl. Ich muss unbedingt zwei oder drei Nächte schlafen ohne Flugzeuge und tausende Menschen um mich herum. Schließlich soll ich ja einen Krimi schreiben und keine Fluglinien bewerten.«
»Aha, ja, Türkei also …«
»Im europäischen Teil von Istanbul.«
»Immerhin.«
Der Fahrer wartet an einem Stopp-Schild. Ich erkenne, dass wir auf eine Küstenstraße einbiegen. Gegenüber ein Holzzaun, dann breiter Strand und das Meer. So weit das Auge reicht. Jemand hupt, mein Fahrer flucht und tritt aufs Pedal. Der Mazda macht einen Satz. Quietschende Reifen. Mit der rechten Schulter pralle ich gegen den Holm. Friedrich sagt irgendwas. »Ich muss auflegen. Melde mich«, ist meine Antwort und stecke das Handy weg.

»Fährt wie ein Idiot!«, ruft der Fahrer und hebt die Faust drohend in den Rückspiegel. Ich weiß nicht, was passiert ist, denke aber nicht drüber nach, denn das Meer zieht mich in seinen Bann. Kleine Wellen brechen vor dem Strand. Nur leichte Dünung auf dem Wasser. Menschen flanieren, Pärchen, Kinder, ab und zu Hunde, ein großer Spielplatz und blau gestrichene Umkleidehäuschen. Links Cafés, ein Bootsgeschäft, Restaurants, keine einladende Architektur, flach und beliebig, wildes Bauen, aber es sieht friedlich aus. Und friedlich ist eine Seltenheit in diesen Tagen. Ein Gebrauchtwagenhändler. Teilweise sehe ich Fahrzeuge, die bei uns Oldtimer-Status bekämen. Dann ein Lebensmittelgeschäft, viele farbenfrohe Auslagen, Obst, Gemüse, jemand reicht eine Papiertüte über die Theke.
»Halt! Anhalten!«
Keine schlechte Reaktionszeit. Sofort fährt der Fahrer rechts ran, zwei Reifen auf der Bankette, es ruckelt. Mit verwundertem Gesicht dreht er sich zu mir.
»Was? Ist Ihnen nicht gut?«
»Ich werde hier aussteigen. Wo ist hier ein Hotel?« Die Antwort bleibt aus. Er weiß nicht, was er von mir halten soll.
»Fragen Sie nicht. Ich muss hier raus! Also, gibt es hier ein Hotel?« Sein Nicken beruhigt mich. Er deutet nach vorne auf ein großes Eckhaus, das ich bestenfalls als Halle eingeordnet hätte.
»Aber ist nicht so schön wie das Hotel von meinem Cousin.«
»Tut mir leid.« Ich nehme zweihundert Euro aus der Innentasche. »Reicht das? Auch als Entschädigung für Ihren Cousin.« Seine Augen werden groß.
»Natürlich. Reicht vollkommen.«
»Nach einer Quittung muss ich wohl nicht fragen, oder?«
Er grinst und zieht einen Zweckform-Block aus der Konsole. »Hab ich immer dabei für deutsche Kunden. Quittung fürs Finanzamt.«
»Vorbildlich.«
Er legt das Blaupapier unters Blatt, schreibt einige Worte, dann 200 Euro, setzt Unterschrift und einen Stempel drauf, reißt vorsichtig ab und gibt mir den Wisch. Lächelnd steigt er aus und öffnet die Heckklappe. Ich folge ihm.

Da steht der Schriftsteller am Straßenrand. Recht wenig Verkehr. Es hat vielleicht 25 Grad, der Himmel ist ziemlich zugezogen, ab und zu dunklere Wolken. Manchmal bricht die Sonne durch, dann wandert ein leuchtender Fleck übers Wasser, taucht es schillerndes Grünblau und verschwindet wieder. Türkische Lira habe ich nicht, aber eventuell kann ich mit Euro etwas kaufen. Also den Koffer greifen und über die Straße. Direkt vor den Auslagen bleibe ich stehen. Tomaten, Paprika in allen Formen und Farben, Peperoni, Chili, Artischocken, Auberginen, Bohnen, einfach alles, was dieser Teil der Erde hergibt. Und Datteln.
Niemand zu sehen, also zupfe ich eine Papiertüte vom Faden und fülle sie mit Datteln. Eine zweite Tüte mit Birnen, rötlich-gelbe Früchte. Der Duft ist betörend. Eine klapprige Tür öffnet sich und dann steht sie mir gegenüber. Maria. Ich lächle und sie erwidert es. Sie muss zwischen vierzig und fünfzig sein, gegerbte Haut, aber eine exakte Kopie aller anderen. Und ich mache jede Wette, ihr Name wird ebenso identisch sein.
»Guten Tag«, falle ich mit Deutsch ins Haus, in der Hoffnung, sie wird es verstehen.
»Einen schönen guten Tag, der Herr.« Mir fällt ein Stein vom Herzen.
»Entschuldigung, ich habe leider nur Euro. Aber wenn Sie mir sagen, wo ich tauschen kann, tue ich das schnell.« Kopfschüttelnd nimmt sie mir die Tüten aus der Hand.
»Das ist kein Problem. Ist hier wie ein zweites Zahlungsmittel. Bei der Inflation freuen wir uns über ein paar Euro.«
»Okay, das ist gut. Ich bin grad erst angekommen, und kenne mich nicht aus.« Mit dem Kopf nicke ich zu dem angeblichen Hotel. »Meinen Sie, dort ist noch ein Zimmer frei für ein paar Tage?«
»Aber ja«, sagt sie, ohne hinzusehen. »Man sieht nicht, dass es ein Hotel ist, weil sie alles zum Innenhof gebaut haben, aber es ist sehr schön.« Ich hole tief Luft. Maria in einem kleinen Gemüseladen, hinter mir das Schwarze Meer und wir reden. Was braucht es noch?
»Haben Sie Hunger?«, fragt sie.
»Hunger?« Habe ich Hunger? Natürlich hast du Hunger, sagt mein Magen. »Machen Sie hier auch was zu essen?«
»Vorne Lebensmittel, drinnen Restaurant. Heute Morgen habe ich einen Eintopf aus Kichererbsen vorbereitet. Tagesgericht. Dazu einen gegrillten Kalkan. Wie wär’s?« Marias Augen. Victoriablätter, das Braun strömt in den grünen Kern und alles unter einem einladenden Glanz.
»Ich bringe den Koffer ins Hotel, buche ein Zimmer und bin in einer halben Stunde zurück. Okay?«
Sie legt Datteln und Birnen auf die Seite. »Das hebe ich für Sie auf.«

Zwei oder drei Achterbahnen rattern in meinem Bauch. Ein Bild im Kopf aus Jugenjahren. In der Nachbarwohnung lebte eine Regina, als ich zarte vierzehn Jahre war. Andere Schule, aber so alt wie ich. Die erste Sonne in meinem Leben. Ich lauschte an der Wohnungstür, um zu hören, wann sie auf den Flur trat. Sodann ging ich auch raus und tat überrascht. Nach einer Woche erklärte sie mir, ich müsse nicht immer warten, bis sie raus käme, denn ihre ganze Aufmerksamkeit bekäme ein Mädchen aus dem Schwimmverein. Und ich wäre wahrlich kein Mädchen, eher ein Idiot. Ich wollte mich unter der Fußmatte verstecken. Doch das Gefühl in dieser einen Woche war erhebend und fraß sich tief in mich hinein.
Ab und zu beuge ich mich in diesen alten Schacht hinab und schnuppere. Heute, jetzt, in diesem schlichten und schönen Zimmer, bricht alles aus dieser Tiefe hervor. Das Kribbeln, die Achterbahnen, deren Gestänge aufgrund des Alters knirscht, aber ich fühle mich im Zentrum einer Sonne. Wie die Sonne selbst. So schnell es geht, ohne gleich alle Blicke auf mich zu ziehen, verlasse ich das Hotel, greife nach dem Zimmerschlüssel in der Hosentasche, überquere die kleine Straße, grüße hier und da mit einem nickenden Lächeln Alte, Junge, Kind und Kegel und greife nach einer verrosteten Schraube, die als Türgriff dient. Im Rahmen sitzt nur Hasendrahtgeflecht, der aus Holz gezimmerte Vorraum steht voller Gemüsekisten. Alles in Hellblau gehalten, keine Grundierung, kaum geschliffen, einfach lackiert. An ausgeleierten Wäscheleinen hängen Trauben aus Knoblauch und Chili, Peperoni, grüne und rote, aufgefädelte Spitzpaprika, schon fast durchgetrocknet. Eine zweite Tür. Milchglas, der Alurahmen ist fleckig, links und rechts einglasige, große Scheiben. Ich kann die Tische sehen, blaue Deckchen darauf, je eine Kerze, Salz, Pfeffer, Olivenöl. Stühle aus allen Epochen in allen Farben, geleimt, mit Sisal verschnürt, aus Plastik oder Holz. Ein letztes Mal auf das Pochen in meiner Brust hören, dann öffne ich. Zwei Alte an der Theke. Gefurchte Gesichter, Bartstoppeln wie Zweige. Sie reden, schwenken die Arme, lächeln beim Herschauen und trinken ihre Gläser leer.

»Guten Abend«, sage ich und könnte mir in den Hintern beißen, nicht nachgesehen zu haben, wie ich das auf Türkisch hätte sagen können. Aber Fortuna ist milde gestimmt. Ein Guten Abend kommt von beiden zurück. Und wenn ich mich nicht täusche, höre ich da Kohlenpott im Hintergrund. Meryem! ruft der linke von beiden und zwinkert mir zu, was ich nicht so recht einordnen kann, aber dass Meryem offenbar die türkische Variante von Maria ist, lässt mich noch mal deutlich schneller atmen. Ich wusste es. Was gerade passiert, verstehe ich nicht, ist mir aber völlig egal. Aus irgendeinem Grund komme ich an die richtigen Orte zur richtigen Zeit und treffe alle Möglichkeiten ein und derselben Frau. Dafür bin ich dankbar. Meryem kommt aus der rechts liegenden Tür, sieht mich und ruft »Kaffee?!«
»Ja, gerne.«
Sie winkt mich an die Theke, die wohl aus den Resten eines alten Fischerbootes gebaut wurde. Leicht gebogen, allerlei Lackschichten, rot, grün, ozeanblau, grob geschliffen und mit einem farblosen Lack konserviert.
»Wir duzen uns hier alle«, erklärt sie an der Kaffeemaschine, einer Gaggia. Mit Kraft drückt sie den Hebel nach unten. »Du kennst jetzt meinen Namen. Jetzt muss ich noch deinen erfahren.«
»Heinrich.« Auf dem Hocker liegt ein grauer Filzlappen. Ich setze mich.
»Heinrich … und weiter?«
»Konstantin.« Sie stellt Unterteller und Tasse aufs Holz. Schwarz, hellbrauner Schaum, ein starker Duft.
»Zucker?«
»Ja, danke.«
Meryem greift unter die Theke, stellt eine Schale vor mich, hebt die Nase Richtung Decke und schnuppert. »Bin gleich wieder da. Muss kurz in die Küche.«
Ein älteres Paar kommt herein, redet, begrüßt die beiden Alten überschwänglich. Der eine steht auf, geht hinter die Theke, holt zwei Gläser und eine Flasche Raki. Er schenkt ein, sieht mich an, nimmt ein weiteres Glas und hebt es in meine Richtung. Ich nicke. »Konstantin«, sagt er mit rauer Stimme, als er neben mir steht, das Glas füllt. »Das ist dein Nachname?«
»Ja. Heinrich Konstantin.«
»Trink aus«, fordert er mich auf. »Ich mache noch mal voll und nehme die Flasche wieder mit.«
»Okay.« In einem Zug kippe ich das Glas leer. Er ist mehr als stark der Raki, raubt mir kurz den Atem, dann entfacht er ein warmes Feuer. Ich schmatze nach.
»Gut, was?«
»Köstlich.« Er schenkt nach und zeigt mit dem Finger gegen die Wand.
»Das da hinten ist deine Stadt.«
»Meine Stadt?«
Er lächelt milde. Die Bartstoppeln drücken sich in Lippen und Nasenflügel. Konstantin? Der Groschen fällt. »Verstehe. Aber ich brauche sie nicht mehr. Mir genügt eine kleine Wohnung.« Er lacht. Oder brüllt kurz los, haut mir auf die Schulter und geht redend und gestikulierend zu den anderen. Sie lachen ebenfalls, heben die Gläser. Ich meines. Wir trinken aus. Meryem kommt zurück.
»Hier können wohl alle Deutsch, oder?«
»Nicht wenige«, sagt sie und holt einen Teller unter der Theke hervor. Einen wirklich großer Teller. »Magst du Knoblauch?«
»Sehr gerne.«
Grinsend geht sie in die Küche. Es riecht deutlich nach Fisch. Geklapper, Besteck fällt auf den Boden. Hoffentlich nimmt sie neues. Nach den beiden Raki ist mir nach Kaffee, rühre zwei Teelöffel Zucker hinein und probiere vorsichtig. Die Stärke haut mich beinahe vom Stuhl. Mein Puls schnellt nach oben. Aber der süßbittere Geschmack hat mich an der Angel. Ein zweiter Schluck. Meryem kommt zurück. Den Teller sieht man kaum vor lauter Fisch. In der anderen Hand eine weiße Schale mit einer Eintopf.

»Bitte! Lass es Dir schmecken.«
Für einen Augenblick bin ich vom Bild überwältigt. Dem Gemälde aus Fisch, Kichererbsen, weißem Porzellan auf dem alten Holz der Theke, das Farben aus Jahrzehnten trägt. Meryem dreht sich mit sanftem Gesichtsausdruck zur Seite, zur Tischspülmaschine, räumt Gläser und Tassen in den Korb, die Vier diskutieren heftig und als Krönung mäandert der Duft in meiner Nase. Es kann nur so sein, dass ich Protagonist in meinem eigenen Roman geworden bin. Jemand schreibt den Heinrich in leere Seiten, stellt eine Maria nach der anderen neben mich. Kurz nur, gerade lang genug, um in meinem Inneren zu rühren. So und nicht anders wird es sein. Dann werde ich also jetzt diesen Fisch essen. Einen Kalkan. Ich würde sagen, es ist ein Steinbutt. Aber zuerst einen Löffel von den Kichererbsen, und dem, was noch drin ist. Auberginen und Tomaten, schätze ich.
Nach ein paar Mal kauen treffen mich Knoblauch und Chili, Kreuzkümmel und das leicht Bittere von Curcuma. Überwältigend gut. Schnell zum Fisch. Schwarze Streifen des Grillrosts auf der gepunkteten Haut. So stelle ich mir eine Henkersmahlzeit vor. Zutaten vom Feinsten, gekocht von den Besten. Ein würdiger Abgang am Ende eines würdelosen Lebens.
»Schmeckt es?«, dringt Meryems Stimme durch meine Gedanken.
»Mir fehlen wirklich die Worte für dieses tolle Essen«, gestehe ich ihr und ertappe mich dabei, die vollkommene Nase im vollkommenen Gesicht anzustarren. Sie ist näher den Fünfzig als den Vierzig. Es sind die Augen, die das zeigen. Wie gereifter Cognac. Sie anzusehen, zwingt mich in die Knie.
»Das nehme ich mal als ein Ja.«
»Es ist wesentlich mehr als das.« Sie sieht mir zu, wie ich kaue, mit dem Messer ein weiteres Stück vom festen Fleisch auf die Gabel schiebe und in den Mund stecke. Leicht salzig, viel Knoblauch, das Grillaroma.
»Machst du das alles ganz alleine? Gemüse verkaufen, das Restaurant?«
»Fast.« Sie neigt den Kopf zu den Vieren links von mir. »Die beiden Alten haben einen Kutter, fangen Fisch, den ich hier verkaufe und koche. Sie besorgen auch Gemüse und Obst von den Bauern in der Umgebung. Manches auch aus Griechenland. Ist ja nicht weit. Wenn ich zu müde bin, stehen sie auch mal hinter der Theke oder verkaufen Gemüse.« Sie nickt, um das zu unterstreichen. Ich will nicht fragen, muss aber.
»Hast du keine Familie, die hilft?« Schweigen ist die Antwort. Ihr Blick heftet sich auf den Teller, die Tasse, an die von der Arbeit aufgerauten Hände. Sie möchte antworten, das ist zu spüren. Weiter essen. Kichererbsen, Kalkan, die Schärfe ist enorm. Heftig und doch genau richtig. Exakte Ausgewogenheit. Was wird Meryem antworten? Durch ihre Nase strömt deutlich hörbar die Luft. Ihre Brust hebt und senkt sich.
»Doch«, sagt sie schließlich. »Ich hatte Familie. Einen Mann, einen Sohn. Mein Mann ist in Belgien und lebt dort mit einer anderen. Er sagt, wir sind geschieden, was wir nicht sind. Aber gut, dann ist das halt so. Mein Sohn ist vor fünf Jahren bei einem Unfall ums Leben gekommen.« Die Worte purzeln in mich, ecken an. Es schmerzt. Wo waren in meinem bisherigen Leben nur die Tränen? Ich muss sie aufgespart haben für diese Reise. Oder tief vergraben. Sie brechen hervor. Nicht wie eine Sintflut, aber stetig. Langsam trübt sich mein Blick. Ich möchte im Fisch versinken und würde die dämliche Frage am liebsten rückgängig machen. Ein Tropfen auf den Kalkan, noch ein zweiter. Meryems Hand legt sich auf meine.
»Aus mir sollten die Tränen kommen. Nicht aus dir. Was ist passiert?«, stellt sie leise fest. Hunger und Appetit verfliegen. Die Gabel lege ich vorsichtig aufs Holz. Jetzt ist es nur noch ein toter Fisch und die Kichererbsen ein von Tomaten rötlich gefärbter Eintopf. Das Gemälde verliert an Glanz. Was kann ich antworten? Was ist die Erklärung meiner Tränen?
»Kann ich bitte einen doppelten Raki haben?« Meryem runzelt die Stirn, schaut auf das leere Glas.
»Nein, ich denke, das ist nicht das, was du tun solltest. Ohne dich zu kennen, ist da zwischen uns etwas sehr Vertrautes und ich weiß nicht, was es ist, aber deutlich zu spüren. Es muss mit deinen Tränen zu tun haben. Das möchte ich hören.«
Ich plappere los wie ein Betrunkener. Maria, dann Maryam und Marianne, Mary in Singapur und die Maria in Dubai, die mich anstarrte durch eine gegen Durchsicht geschützte Scheibe. Vielleicht meine Hand am Glas, vielleicht hat sie das gespürt. Und der Taxifahrer hätte ja ein anderes Ziel wählen können, ich auf eine Strandschönheit sehen, anstatt den Gemüseladen zu entdecken, und dann die Babys im Bauch oder vor der Geburt verloren wie Marianne. Ich rede mich in eine Art Verzweiflung. Dem bin ich nicht gewachsen. »Ich bin wohl in einem anderen Universum«, vermute ich. »Es muss sie geben, diese Paralleluniversen. Anders kann ich mir das nicht erklären.« Meryem ist um die Theke herumgekommen, hat den Hocker rechts hergezogen und sitzt neben mir. Sehr nah. Fast zu nah. Kaum, dass ich atmen kann, so nah. Und da ist ihre Hand auf meinem Unterarm.
»Du hast keine Frau? Keine Kinder?« Meinen Kopf schütteln ist Antwort genug. Statt nach dem Warum zu fragen, fährt ihr Zeigefinger auf meiner Hand kleine Figuren. Fantasievolle Umrisse. So gemächlich, dass ich genug Zeit habe, Meryems gegerbte Haut vom Handgelenk bis zur Fingerspitze zu mustern. Ein kurzer Nagel, gefurcht, aber tadellos geschnitten. Hornhaut im Nagelbett, davor eine kleine Narbe. Zwei oder drei Zentimeter. Vielleicht eine Gemüsekiste oder ein Küchenmesser. Was zeichnet sie gerade? Einen Baum? Einen Fisch? Erinnerungen an ihr Leben? Und warum spürt sie etwas Vertrautes zwischen uns? Weil es mir ebenso geht?
»Es gibt mich also viele Male?«
»Ja. Und ich ahne, es wird noch mehr geben. Der Pfad dieser Reise führt mich immer zur nächsten Maria.«
»Glaubst du an einen Gott?«
Einen Gott? Der Gedanke kam mir tatsächlich. Niemand auf diesem Planeten ist weiter entfernt von einem Gott als ich; das war zumindest bisher meine Sicht auf die Frage des Glaubens. Auf der anderen Seite muss ich akzeptieren, in Situationen geraten zu sein, die mehr als schwer erklärbar sind. Aber kann man das durch einen sich seltsam aufführenden Gott herleiten? Unsichere Ausgangslage führt zu falscher Logik. Also nimmt man die einfachste Erklärung.
»Nein. Ich glaube an keinen Gott.«
»Dann sind wir schon zu zweit«, sagt Meryem, ein schwaches Lächeln auf den Lippen. »Ich habe einmal geglaubt«, setzt sie nach. Der Zeigefinger stoppt, drückt nur wenig tiefer in meine Haut, dann zieht sie die Hand zurück, streckt sich.
»Es ist aber ein Unterschied, ob man nicht mehr oder noch nie geglaubt hat, oder den Glauben durch ein tragisches Ereignis verliert, sich seiner auf schmerzhafte Art entledigt.« Sie schiebt die Tasse auf die Seite, stellt den Ellenbogen auf den Tisch und stützt ihren Kopf auf die Hand.
»Was wäre denn da der Unterschied, Heinrich?«
»Das eine entspringt einem natürlichen Zweifel. Das andere der Verbitterung.«
Sie überlegt. Ich bin dankbar für diesen Moment, denn so kann ich ihr perfektes Gesicht studieren. Den absolut geraden Nasenrücken, erhebungslos an der Stirn angesetzt, eine ideale Linie, die seltsam tief anmutenden Augen, braun-grüne Deckel, unter denen sich Paradiese verstecken könnten, komplexe Strukturen aus Gedanken und Empfindungen. Die Lippen geriffelt, von Wetter und Sonne erodiert. Ich hoffe, die Zunge zu sehen, das um sich greifende Rosa.
»Nein, ich bin nicht verbittert, denke ich. Ich habe vielleicht eingesehen, dass es keinen Sinn macht, an einen Gott zu glauben, auf den ich die unbequeme Hälfte meines Lebens schieben kann.«
Ich esse einen Löffel Eintopf. Sie spricht von Verantwortung. Dabei fällt mir ein Witz ein, den die Lektorin auf meiner Debütroman-Party erzählte. Was haben Migranten und Verantwortung gemeinsam? Beide werden abgeschoben. Ich behalte ihn für mich. Meryem sieht mich herausfordernd an. Sie ist nicht verbittert. Dann ist es auch so.
»Das glaube ich dir. Aber für manche Menschen kann das sinnvoll sein. Für dich eben nicht. Solange diese Menschen den Glauben im Privaten leben und nicht missionieren, ihre Weisheit nicht auf andere übertragen wollen, mit der Waffe womöglich, kann ich damit leben.« Sie nickt, steht auf, holt den Raki, noch ein Glas und schenkt uns beiden voll bis zum Rand.
»Darauf trinken wir doch einen«, erklärt Meryem und grinst breit.


Was für ein langer und erfüllter Abend. Bis weit nach Mitternacht saßen wir an der Theke. Ich habe mich wie ein Fötus im warmen Mutterleib gefühlt. Gedämpfte Stimmen in leicht rötlichem Licht, das durch viele Schalen mein Innerstes erreicht, die dunklen Ecken ausleuchtet. Der Raki ließ mich in der Tat wegdämmern und ich meine mich erinnern zu können, dass einer dieser stoppelbärtigen Fischer mich in mein Zimmer verfrachtet hat. Was aber auch egal ist. Jetzt sitze ich heranrollenden Wellen gegenüber auf einem umgedrehten Fischerboot und hacke Buchstaben ins Notebook. Die eiskalte Stalkerin hat wieder zugeschlagen und bereitet alles vor, um dem gestalkten Schriftsteller Indizien und Beweise unterzujubeln. Sie weiß, dass es für ihn nur schlimm ausgehen kann und begibt sich schon mal per Instagram und Tiktok auf die Suche nach einem neuen Opfer. Es dürstet sie geradezu nach fragiler Unschuld. Niemals wird ihr die Polizei auf die Schliche kommen, denn in deren Vorstellungswelt sind ihre Taten noch nicht mal Fantasie. Einfach nicht existent. Erst wenn es von irgendeinem Menschen geschrieben wurde, in einen Roman gegossen, ist die Tat in der realen Welt angelangt, als Idee, als Handlungsgrundlage für die wahren Künstler unter uns Verbrecher*innen. Lasse ich meinen Schriftsteller etwa genau diesen Plot schreiben? Die selbsterfüllende Prophezeiung als Roman in einem Roman. Warum nicht?
Eine kleine Bö bewegt den Schirm und mich, wirbelt Sand auf. Ein Mann mit Hund, den er an den Bug des Bootes urinieren lässt. Niemand beachtet mich. Hinter mir weiß ich Meryems Gemüseladen samt Restaurant. In der Ferne meine ich einen Fisch springen zu sehen. Nach was? Insekten? Auch hier begegnen mir kaum noch Fliegen oder sonstiges. Eventuell hat er genug vom Leben im Wasser. Immer wärmer, Plastik, Sauerstoff wird knapp. Am fernen Horizont ein Schiff mit einer besonderen Silhouette. Ein Kriegsschiff. In diesem Moment wird mir klar, wo ich sitze. Dort drüben, im Norden, ist der Krieg. Die Krim, Odessa, Mariupol, die Mündung des Dnjepr. Google Maps öffnen, Karaburun nach Sewastopol nur 500 Kilometer, Odessa und Cherson 600. Mit einer dieser Tragflügelfähren wäre ich in einem halben Tag drüben. Im Krieg.
»Was schreibst du?« Die Stimme. Meryem streicht mit der Hand über die von Muscheln befreiten Hölzer. Sie hat keine Angst vor Spreißel. Spreißel … an was für einen Unsinn denke ich da?
»Einen Roman. Ich muss ihn fertig bekommen. Aber es läuft gut.«
»Einen Roman? Du bist ein Schriftsteller?« Nickend reiche ihr ihr die Hand. Sie klettert hoch, setzt sich mir gegenüber, zieht beide Knie unters Kinn. »Um was geht es?«
Meine Erklärung ist kurz. Ein Plot sollte erst auf dem Papier sein, dann in die Ohren der Menschen gelangen. Das Hören entfaltet andere Wirkung als das Lesen. Meryem zieht eine Schnute, streicht die Haare nach hinten, zwirbelt sie und macht einen Knoten. Mir fällt Zeus ein, der mit Europa am Strand steht und nach Kreta schwimmt. Doch mein Blick geht unweigerlich an ihrer Schönheit vorbei und sucht den Krieg hinter ihren Haaren. »An was denkst du, Heinrich?«
»An den Krieg hinter dir. Genau jetzt sitzen die Menschen in Kellern oder sterben auf dem Weg zum Einkauf oder während sie auf einen anderen schießen, trifft es sie selbst. Nur einen Atemhauch, dann ist es aus.«
Sie schweigt, krabbelt auf allen Vieren hinter mich. Links und rechts sehe ich ihre blaue Hose, die braunen Seglerschuhe, ihr Oberkörper schmiegt sich an meinen Rücken, das Kinn auf meiner rechten Schulter drückt nur sachte. Meryems linke Hand fährt in mein Haar wie ein Kamm, hin und her. Schon wieder fühle ich diese Ewigkeit. Die Ewigkeit von Kennen und Vertrautheit. Maria, Meryem, ich, wir blicken auf Jahrzehnte gemeinsamen Lebens. Es ist so. Selbst, wenn nicht. Vielleicht machen das die Kriege, die überall wie Pilze aus dem feuchten Waldboden sprießen. Vielleicht verändern sie nicht nur die Menschen, eventuell auch die Zeit und die Grenzen zwischen den Universen. All die Gewalt. Sie muss ja irgendwohin. Vielleicht.

»Sei mir nicht böse, aber ich kann dazu nichts sagen. Nein, das stimmt nicht. Ich kann oder könnte, aber ich bin einfach sprachlos. Im Meer schwimmen manchmal Leichen. Von den Fischen angefressen. So schön das Meer hier ist, am liebsten würden sich alle rundherum an die Gurgel gehen. Lass mich nur mein Gemüse verkaufen und Fisch grillen. Mehr will ich nicht. Ich kann der Welt nicht ihren Frieden bringen.« Ich atme eine heranwehende Brise tief ein. Salzig, würzig. »Kannst du es?«, will Meryem wissen.
»Nein. Ich kann es auch nicht.«
»Aber du würdest gerne.«
»Irgendwann mal wollte ich das, ja. Aber ich glaube nicht mehr daran, dass der Mensch auf Dauer ein friedliches Wesen sein kann. Nicht so, wie er konstruiert ist.« Sie schweigt, atmet in mein Ohr, dann küsst sie es.
»Tut mir leid. Ich muss einkaufen.«
»Und ich muss diesen Roman schreiben.« Meryem verschwindet. Ich höre sie vom Boot rutschen.
»Gegen vier Uhr kommt eine Tante. Ich mache Baklava. Kommst du?«
»Gerne. Ich freue mich.« Die Wolken werden dichter, sinken mehr und mehr nach unten, das Grau in ihnen wird dunkler. Sturm ist angesagt im Wetterbericht. Das Wasser im Mittelmeer ist bei weitem zu warm, sagt die ntv-Meteorologin. Es entstünde heute Abend eine Situation wie in der Karibik. Aus einem Tiefdruckgebiet über Libyen formiert sich ein Orkan. Der Luftdruck sinkt erheblich. Die Energie muss irgendwohin und ein Orkan ist das logische Dampfventil. Warnungen für ganz Griechenland, besonders Thessalien und die Gegend um Bosporus und Dardanellen, Menschen bitte in den Häusern bleiben. Die Energie muss irgendwohin … das war mein Gedanke zu all der Gewalt, die ausgebrochen ist und es immer noch tut. Sie erschafft andere Realitäten.

Es ist halb vier. Ich klappe das Notebook zu, denn es fliegt zu viel Sand. Zu viele Böen. Gemütlichkeit und Ruhe sind verschwunden. Langsam rutsche ich vom Kiel, lande im Sand, werde vom Wind angefaucht. Vielleicht sollte ich Meryem beim Tisch decken helfen. Das Notebook unter der leichten Jacke verborgen, gehe ich zum Gemüseladen, wo die beiden Alten alles zusammenpacken, den Vorraum leerräumen, alles im Restaurant in einer Ecke türmen, Gemüse und Obst in den Kühlraum bringen. Wir begrüßen uns wie alte Bekannte. Meryem ist in der Küche und bereitet das Abendessen zu. Vor sich zwei Ofenbleche mit Zwiebeln, Tomaten, Paprika und einem Berg Knoblauch. Auf der Kücheninsel steht eine große Platte mit Baklava. Glänzender Zuckerüberzug, das Grüne der Pistazien schillert. Die Mutter eines türkischen Schulfreundes hatte sie fast täglich zubereitet und wenn wir zusammen Hausaufgaben erledigten, bekam ich zwei oder drei Stück. Mehr war auch nicht zu schaffen, denn die Süße war so immens, dass ich danach stundenlang keinen Hunger verspürte.
»Heinrich«, sagt Meryem, zeigt mir ein Lächeln im Vorbeigehen. »Könntest du bitte die beiden Bleche in den Backofen schieben? Aber verbrenn dich nicht.«
»Okay.«
220 Grad steht auf der Digitalanzeige. Mein Backofen fällt mir ein. Bestenfalls Tiefkühlpizza oder auch mal Tütenpommes hat er bisher gesehen. Kochen überlasse ich anderen Menschen. Als das Gemüse drin ist, die Klappe zu, kommt Meryem heran, drückt eine Taste und ein Timer beginnt bei 20 Minuten rückwärts zu zählen.
»Und jetzt bitte ich dich, Fladenbrote in zwei Hälften zu schneiden.«
»Das klingt einfach.«
Sie ist schon wieder weg und wäscht Kräuter. Die Brote liegen auf einem Servierwagen. Drei Packungen. Wo soll ich schneiden? Nein, ich kann mich ja nicht wie der letzte Idiot anstellen. In einem Holzblock stecken Messer. Eines davon mit gewellter Schneide. Die Fladenbrote lege ich auf die Kücheninsel, spüle das große Holzbrett, trockne es ab und fange an mit dem Teilen.
»Bitte immer nur eins. Legst du mehr aufeinander, wird es vielleicht nicht gleichmäßig«, sagt Meryem ohne herzusehen. Sie hat offenbar hinten ebenfalls Augen. Die Kräuter liegen im Waschbecken, aus ihrem Mund kommt ein Summen, ein Lied, ihr Kopf bewegt sich nach der Melodie. Ich sehe hochgesteckte Haare, ihre kantigen Schultern und will hingehen, um sie zu berühren. Den Duft von Meryems Nacken einatmen, sie dort küssen. Die Hitze vom Backofen drückt gegen meinen Rücken. Etwas überwältigt mich. Fällt mich rücklings an. Es sind Tränen und ich drehe mich weg. Nur nicht auf das Brot!, ist mein erster Gedanke. Weg von Meryem. Warum bin ich hier? Dann taucht sie auf wie aus dem Nichts. Lautlos. Steht vor mir, hält ihre Hand unter mein Kinn. Mitten in die Victoriablätter fallen lassen, das will ich. Meryem tritt dicht an mich heran, legt die Arme um meinen Oberkörper. Ganz fest. Das Brot muss noch warten.


Ihre Tante ist ein Sprechautomat auf zwei Beinen. Dicken Beinen. Sie hat ordentlich Wasser in Unterschenkeln und Füßen, schon die fünfte Baklava im Mund und redet nahezu unentwegt. Im Grunde muss man nur nicken oder Aha sagen. Es gibt keinen Kaffee, wegen des Koffeins, sagt die Tante. Stattdessen trinken wir Pfefferminztee aus frischen Pflanzen. Eine ordentliche Menge Stängel samt Blätter in einer Glaskaraffe, mit kochendem Wasser übergossen. Schmeckt ganz fantastisch. Auch Meryems Tante war in Deutschland. Sogar in Köln. Ihr verstorbener Mann hat bei Ford gearbeitet. Zweiundzwanzig Jahre Sitze eingebaut. Eine gute Arbeit, sagt die Tante. Gute Kollegen, gutes Geld. Dann der Herzinfarkt. Überführung, Beerdigung und Umzug haben ihr Erspartes aufgebraucht. Die Witwenrente aus Deutschland kommt und damit könne sie hier gut leben, sagt sie in einem Singsang aus Kölsch und Türkisch. Nicken, lächeln, Aha und Toll sagen. Meryem schenkt ihr nach, versorgt sie mit Baklava. Ich denke an das Abendessen, ob neben die schwere Süße noch etwas passt?

Das Backofengemüse ist püriert, zusammen mit einer geheimen Mixtur aus Kräutern und Gewürzen. Eine große Schüssel Joghurt mit gehackter Minze und Petersilie steht im Kühlschrank. Frisch durch den Wolf gedrehter Hammel wartet in der Kühlkammer aufs Anbraten. Iskender nennt sich das Gericht. Um uns herum klappern Fensterläden, Türen, der stärker werdende Sturm zerrt am Gebäude, treibt das Wasser weg vom Strand. Nichts unterscheidet den Himmel vom Schwarzen Meer. Alles geht ineinander über. Hier drin jedoch haben wir Farben. Vielleicht verschlingt uns in diesem Moment ein paralleles Universum. Ein lichtloses, das es sich verbittet, grün schillernde Pistazien, rote Gemüsesauce, blaue Tischdecken in sich aufzunehmen.
Die Tante lacht schrill, antwortet auf Türkisch. Ich schenke ihr Pfefferminztee nach, den sie gleich darauf in einem Zug leert. Meryem lächelt mich an, ihre Hand tastet nach meinem Knie, drückt zwei Mal. Ich muss aufstehen, ans Fenster gehen, sehen, was der Sturm macht. Ein Wort fällt mir ein. Ein selten gedachtes Wort. Wann habe ich es zuletzt benutzt? Ich kann mich nicht erinnern. Vom kleinen Städtchen Karaburun rollt eine Druckwelle heran, ein enormer Windstoß, der alles vor sich komprimiert, wegdrückt, mit sich reißt. Das Boot, auf dem ich heute saß, wird angehoben, verharrt eine Sekunde über dem Strand, dann nimmt die Faust des Orkans es mit sich. Schleudert es weit hinaus, zwischen die hohe Dünung. Weg ist es. Irgendwo geht eine Scheibe entzwei. Vielleicht in der oberen Etage. Meryem schaut sich irritiert um. Die Tante redet und schielt nach den Baklava. Mit dem Finger schreibe ich Heimat auf die leicht staubige Scheibe. Die nächste Bö treibt eine Wand aus Regen vor sich her.

Wir haben uns in die Küche zurückgezogen. Die Tante, Meryem und ich. Es ist wohl der stabilste Raum. Gemauert auf Stahlbetonfundament. Restaurant und Vorraum sind Holzkonstruktionen. Ich deute nach oben.
»Und das Dach?«
»Holz und Ziegel. Sind nur alte Möbel drin. Ich kann mich schwer von dem Kram trennen.« Keine Ahnung, ob mich das beruhigen kann. Die Tante sitzt im Eck. Verzweifelt versucht sie irgendwelche Bekannten oder Verwandten zu erreichen, aber das Handynetz funktioniert nicht mehr.
»Gibt es einen Keller?«
»Nein. Nur so was wie ein betoniertes Erdloch für Getränke. Man muss von der Rückseite über eine Außentreppe hinab. Da steht aber alles voll mit Kisten. Wir hätten keinen Platz.« Ich bin froh.
»Sind wahrscheinlich auch genug Spinnen da unten«, sage ich mehr zu mir selbst.
»Spinnen?« Meryem sieht mich verwundert an. »Du hast Angst vor Spinnen?«
»Unter anderem.« Über uns ein berstendes Krachen. Etwas in der Art habe ich schon mal gehört, als eine Tanne neben mir gefällt wurde, sie aber vorher splitterte und einige Splitter wie Pfeile durch die Gegend schossen.
»Zur Not verkriechen wir uns unter der Kücheninsel. Die ist stabil«, schlägt Meryem vor und lächelt den misstrauischen Blick ihrer Tante weg. Kein Fenster in der Küche, nur eine große Abzugsanlage, das gefällt mir ganz und gar nicht. Nicht zu sehen, was draußen passiert, macht mich ganz nervös.
»Wir beten«, sagt die Tante, steht auf und stellt sich zwischen Meryem und mich, nimmt unsere Hände und bedeutet uns, den Kreis zu schließen. Das tun wir, rücken dicht zusammen, greifen fest zu. Die Tante murmelt eine Menge auf Türkisch, wiederholt sich wieder und wieder. Meryem sieht mir in die Augen. Braun fließt ins Grün. Zwei Pforten, durch die ich jetzt gehen werde.
»Ich liebe dich«, sage ich in die Beschwörung der Tante hinein. »Ganz egal, wo und wer du bist.«
»Ich weiß«, ist ihre Antwort. »Und ich liebe dich. Warum, kann ich dir nicht sagen. Als du vor mir standst, war es in mir. Als hättest du es mitgebracht.«
Ein dröhnender Schlag. Etwas Großes hat uns getroffen. Die Wand hinter uns zittert, der Boden bebt leicht. Dann massives Klirren, die Küchentür rüttelt im Wind. Ich komme mir vor wie in einem Poltergeist-Film. Die Tante lässt sich nicht beirren. Wir lassen uns nicht beirren. Das Paralleluniversum kann uns nichts anhaben. Wir haben die Farben. Die Sonne. Wir haben uns.

Kurz vor Mitternacht hat das andere Universum genug an unseren Nerven gezerrt, entlässt uns in zunehmende Stille. Wir wagen es, die Küche zu verlassen. Glasscherben überall. Der Boden ist nass, Tischdecken, Kerzen, Salz- und Pfefferstreuer, nichts ist mehr an seinem Platz. Die Hälfte des Vorraumes ist verschwunden. Auf dem Weg zur Krim, stelle ich mir vor.
»Bei Allah«, entfährt es der Tante. Im spärlichen Küchenlicht ist der Schaden nur schwer zu erfassen. Keine der Laternen auf der Straße ist intakt. Ein Feuerwehrauto fährt vorbei, ein Krankenwagen folgt, beide steuern in Schlangenlinien. Hindernisse überall. Mein Zimmer fällt mir ein. Koffer, Kleider, Reisepass, ich muss unbedingt danach sehen.
»Meryem, ich muss sehen, ob von meinem Hotelzimmer noch etwas übrig ist.«
»Geh nur. Aber pass auf dich auf.« Die Tante hat beide Hände über dem Kopf zusammengeschlagen. Meryem drückt mich. Wie von selbst halte ich ihren Kopf, streiche über den Nacken, dann gebe ich der halb in den Angeln hängenden Tür einen Stoß. Sie fällt aus der Zarge. Über sie hinweg in den Vorraum. Zum ersten Mal seit ich das Smartphone habe, nutze ich das LED-Licht, suche den besten Weg durch die Scherben, zur Seite hinaus, dort wo heute Nachmittag noch eine Holzwand stand. Der Rest einer Plakattafel liegt da. Abgerissene Kabel. Die Laterne ist weg. So was wie der Aufbau eines Campers, Kochgeschirr, Segeltuch. Die Straße ist überschwemmt, vielleicht zwanzig Zentimeter tief. Es fließt bereits ab, in Richtung Strand.

Das Hotel ist dunkel, das Vordach auf der Rückseite fehlt komplett und die Tür ist nach innen gedrückt. Wieder Feuerwehr. Dieses Mal ein paar mehr. Polizei folgt. Im Foyer stehen Gäste, weinen, zittern, reden durcheinander. Niemand beachtet mich, als ich die Treppe hinaufgehe, erster Stock, alles ist nass, Wasser fließt die Stufen hinab. Vermutlich ist das Flachdach beschädigt. Mit etwas Drücken geht die Zimmertür auf. Der Vorhang liegt halb auf dem Boden, halb auf dem Bett. Im Schrank ist einige Unordnung, der Safe ist zu. Ich öffne ihn, hole mein Leben raus, packe ein paar trockene Kleider zusammen und gehe wieder hinunter zur Rezeption. Um die zwanzig Frauen und Männer reden auf den jungen Mann ein. Was soll er machen? Ich schiebe mich an der Wand entlang, hole dreihundert Euro aus dem Geldbeutel und winke damit.
»Zu viel«, sagt er.
»Nehmen Sie ruhig. Den Rest in meinem Zimmer können Sie in den Müll werfen. Hier, der Schlüssel.«
»Die Computer gehen aber nicht.«
»Schreiben Sie auf ein Papier, dass ich gehe und bezahlt habe. Unterschrift, Datum, Stempel.« Er macht, was ich sage, gibt mir das Papier, nimmt mein Geld.
»Tut mir leid, mein Herr.«
»Machen Sie sich keine Gedanken. Sie können ja nichts dafür. Machen Sie’s gut.« Er nickt mit gequältem Lächeln. Wieder draußen, atme ich auf. So viele Stimmen. Zwei Lastwagen kommen die kleine Straße aus dem Hinterland entlang gefahren, dahinter ein Radlader. Im Licht der Fahrzeuge ist von den blauen Umkleidehäuschen nichts zu sehen. Sie sind weg. Wie das Boot. Langsam füllt sich die Straße mit Menschen.


Bei Meryem geht es hoch her. Das Restaurant ist voll, Tische, Stühle und der Rest wieder aufgestellt. Einige räumen die Scherben aus dem Vorraum, Teller stehen auf der Theke. Die Tante verteilt Baklava, sieht mich und winkt heftig. »Geh Meryem helfen. Alle haben Hunger, müssen essen.«
»Ist gut.«
Meryem wirbelt durch die Küche, sieht mich. »Heinrich! Hol bitte die Fladenbrote aus dem Backofen! Leg sie auf eine der Platten. Die sind unter dem Ofen in der Schublade. Stell sie auf die Theke und sag den Leuten Bescheid. Nimm die Zange rechts!« Das tue ich. Die Brote sind hochkant gestellt. Passen mehr hinein. Ab auf die Platte. Hinter mir ist eine weitere Ladung, noch nicht aufgebacken. Meryem geht an mir vorbei, trägt den großen Topf Kichererbsen von gestern, stellt ihn auf den Gasherd.
»Soll ich die anderen Fladen in den Ofen tun?«
»Ja.« Schon ist sie wieder weg im Kühlraum. Ab mit den warmen Broten nach vorne. Es wird genug Menschen geben, die mich verstehen werden.
»Hallo! Brote! Kommt und esst. Gleich kommt der Eintopf!« Die meisten Gesichter drehen sich zu mir. Wer ist der Kerl, werden sie denken. Noch nie hier gesehen. Wieder in die Küche, die Kichererbsen umrühren, nicht anbrennen lassen. Da müssen mindestens noch zwanzig Teller drin sein. Meryem kommt mit dem Servierwagen, zwei Kisten Tomaten und eine Menge Eier drauf.
»Schlag bitte die Eier in eine Schüssel, pflück die Tomaten vom Strunk. Waschen und in Viertel schneiden. Umrühren kannst du nebenher. Aber nicht vergessen!« Und weg ist sie.
»Kein Problem. Mach ich«, versichere ich den Tomaten.

Immer mehr Menschen treffen ein. Bald stehen sie auch hinter der Theke, in der Küche. Ein Gemurmel, Gerede und Klagen, viele Tränen. Ob es Verletzte gab, kann ich nicht heraushören, aber alle trinken Kaffee, Tee, löffeln mit dem Brot den Eintopf leer, essen Omelette und Rührei, salzen Tomatenstücke, fallen über Oliven und mit Schafskäse gefüllte Peperoni her. Meryem schneidet Melonen und Pfirsiche für die Kinder, verteilt Datteln und dicke Tischdecken, um die Kleinsten darin einzuwickeln. Die Temperatur ist rapide gefallen. Nacht und Nässe. Der Backofen gibt Wärme ab an Mütter mit Söhnen und Töchtern, zwei Heizstrahler daneben und mit einem Mal klickt was in meinem Kopf.
»Sag mal, wo kommt eigentlich der Strom her?«
»Dieselgenerator in der Garage«, erwidert sie im Vorbeigehen, drei Teller Obstschnitze balancierend. »Stell bitte Wasser auf den Herd, einige Mütter wollen Milchpulver anrühren.«
»Kein Problem. Mach ich.« Für eine Sekunde starre ich ihr nach. Mein Leben war bisher reichlich beschränkt. Links und rechts Leitplanken bis fast an meine Schultern. Ich habe ganz offensichtlich eine Menge verpasst. Die Tante gibt mir einen Stups.
»Nicht einschlafen!«, sagt sie mit Nachdruck.
»Nein, keine Panik.« Aber ich habe Panik. Denn ich muss wieder weg von hier. Nicht in dieser Nacht. Aber bald. Es ist die richtige Zeit, die richtigen Menschen, aber nicht der richtige Ort. Noch einmal muss ich das Universum wechseln. Ich liebe, aber an der falschen Stelle.

Meryems Kopf liegt in meinem Schoß. Sie schläft. Vielleicht sogar tief und fest. Ich habe einige Stühle in Reihe gestellt, eine Lage Kissen ausgelegt. Als die Menschen gehen, nachsehen, was von ihrem Zuhause übrig geblieben ist, setzen wir uns und bald darauf döst sie ein, bekommt mehr und mehr Schlagseite. Ich lege ihre Beine hoch und hebe den Kopf auf meinen Schoß. Ab und zu schaut jemand herein, hebt die Hand, sagt etwas. Ich lege den Finger auf die Lippen, dann sind wir wieder allein. Die Tante schläft auf einer Couch in der Garage. Der Generator ist ohne Diesel. Das Morgenlicht zeigt alle Verwüstungen. Das Meer ist voll von Trümmerstücken. Fischer haben mit ihrer Arbeit begonnen, allerdings sind es heute keine Fische. Polizei, Feuerwehr, Krankenwagen, das Handynetz funktioniert im Modus ‚geht-gehtnicht-geht‘. Eine SMS habe ich an Friedrich aber schon abgesetzt.
Ave, Friedericus, morituri te salutant. Orkan über Konstantinopel. Lebe noch. Roman fast fertig. Werde versuchen, heute Abend ein Flugzeug nach Köln oder Düsseldorf zu bekommen. Gebe Bescheid. Sorge dich nicht, mein Freund.
Irgendwann wird die Nachricht durchgehen und mein Verleger nicht mehr auf glühenden Kohlen sitzen oder an den Fingernägeln nagen. Ich muss lachen. Losprusten. Leise. Meryems Kopf wackelt. Sie murrt. Ich lege die Hand auf ihre Wange, forme eine Linie mit allen Fingern, streiche über die Schläfe zur Stirn, den Nasenrücken hinab zur Oberlippe, als wären die Fingerkuppen bewegliche Kettenglieder. Der Spalt zwischen den Lippen, übers Kinn zum Hals, dann der Abzweig zum Ohr. Wie weich die Kante des Ohrs doch ist. Und so viele Haare, wild wie ein Brombeergestrüpp. Schwarz. Die Augenbrauen in Form gegossenes, schwarzes Blei. Gegen diese Schönheit kommt der graue Himmel nicht an, selbst die Kälte weicht zurück. Eine Gruppe Menschen zieht vorbei. Schweigend, nass, durchgefroren. Plastiktüten in der Hand. Seltsamerweise fällt Zeus mir ein, nun ein Stier, Europa auf seinem Rücken. Die Menschen und ihre Worte. Ich bin ein Teil von ihnen.

Ich habe wieder dauerhaften Empfang und buche einen Flug mit Turkish Airlines nach Düsseldorf. Heute Abend um kurz nach halb neun hebt die Maschine ab. Meryem diskutiert mit den beiden Alten, wer was wann erledigt. Einkaufen ist wichtig. Die Menschen müssen essen. Der Bürgermeister von Karaburun war hier, hat zwei Kaffee getrunken. Hotels sollen diejenigen aufnehmen, die kein Dach mehr über dem Kopf haben, die Saison ist sowieso vorbei. Restaurants sorgen für die Verpflegung. Meryem kann die Rechnungen ans Rathaus schicken. Er verspricht einen Handwerkertrupp, der beim Wiederaufbau helfen soll. Dann zieht er weiter und Meryem feuert die Fischer an, gibt ihnen die Einkaufsliste. Fischen wird schwer. Die Trümmer könnten die Boote beschädigen. »Eine Menge Schäfer und Bauern geben einen Teil ihrer Tiere ab«, sagt sie und wir winken den beiden hinterher. »Kaffee?« Ich nicke. Sie weiß, dass ich gehen werde. Heute Nachmittag. Einchecken um 17 Uhr. Der Flughafen hat den Orkan recht unbeschadet überstanden. »Ich habe keine Zeit, dich zum Flughafen zu bringen. Du siehst ja was hier los ist. Zuerst muss ich mal zwei große Töpfe Eintopf aufsetzen. Reis habe ich noch …«
»Mach dir keine Gedanken, Meryem. Alles ist in Ordnung.« Sie nickt, atmet ein paar Mal schwer.
»Du wirst gehen. Und ich werde bleiben. Nein, du musst gehen. Ich muss bleiben. Mein Platz ist hier.«
»Und mein Platz ist noch nicht gefunden.«
»Wird es noch irgendwo eine Maria geben?«
»Ganz sicher.« Zum ersten Mal sehe ich eine Träne in ihrem Augenwinkel.
»Ich habe keine Ahnung, was passiert oder passierte, warum du genau hier gelandet bist, was das für eine seltsame Geschichte ist …« Langsam streiche ich die Träne von Meryems Nasenflügel. Es war nur eine. Lediglich der Glanz auf den braun-grünen Victoriablättern ist intensiver geworden. Darin kann ich mich sehen.
»Ich bin ebenso schlau oder unwissend wie du. Wie sollte jemand so etwas erklären? Aber das muss man auch nicht.«
»Liebst du mich, Heinrich?«
»Sehr.« Sie setzt die Tasse an, kippt den Kaffee in einem Zug, dreht sich weg und gießt ein Glas Raki hinterher. Dann stürmt sie in die Küche. Töpfe klappern. Ein Mann kommt herein mit zwei Kanistern.
»Diesel«, sagt er.


An den Abschied werde ich nicht denken. Der schwerste Abschied in meinem Leben? Ich weiß es nicht. Vielleicht der von Mutter an ihrer Beerdigung, gerade noch rechtzeitig aus dem Flugzeug, ins Taxi und direkt zum Südfriedhof. Der erste Spaten prasselte auf den Sarg, die Gesichter der Umstehenden missmutig. Sohn kommt zu spät zur Beisetzung der eigenen Mutter. Was für eine Schlagzeile. Dieser Abschied war schwer, weil uns nun der Tod trennte, ich weder Worte noch Fragen an sie richten konnte. Keine Antworten mehr, wie all die Jahre zuvor auch. Aufwachsen mit einer schweigenden Trinkerin. Eine Mutter, um sie zu meiden. Unbeantwortete Fragen mein halbes Leben, nun endgültig ohne Antwort. Mit im Grab versunken. Zudem war ich auf dem Weg zum Schriftsteller. Da stellen sich andere Probleme in den Weg. Mein Stil musste besser werden. Vergiss Romane über deinen Leidensweg, sagte ein Freund. Schreib Krimis! Lerne, wie man exzellente Exposés entwirft! Du musst eine Agentur finden! Aber vielleicht werde ich vom Lektorat ausgelacht? Träume von einem Verlag und mindestens einmal ein Buch am Stand der Buchmesse ausgelegt. Ich war zwanzig, da sagte Mutter, ich hätte Talent für Worte, aber kein Talent fürs Leben. Was trifft mich mehr? Der Abschied von einer ihr oder der Abschied von Meryem?

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